Auto fahren in Norwegen
Autofahren in Norwegen erfordert eine besondere Form von Gelassenheit. Wenn man die Deutschen Straßen und die Deutsche Hektik gewohnt ist, fällt es anfangs etwas schwer, sich auf den Norwegischen Fahrstil einzulassen. Nach einer Weile vergißt man aber völlig, dass es auch Geschwindigkeiten jenseits von 80km/h gibt und man “cruised” ganz “easy” durch die wechselnden Landschaften.
Alles fängt damit an, dass man Geschwindigkeiten und Entfernungen ganz neu einschätzen lernen muss. Ist es in Deutschland üblich, dass man auf der Autobahn durchschnittlich 100km in einer Stunde zurücklegen kann, so gilt dies nicht für Norwegen. Und das liegt nicht einmal an der generellen Geschwindigkeitsbegrenzung von 80km/h, sondern ganz einfach daran, dass die Beschaffenheit der Landschaft einem rasanten Fahrstil oft natürliche Grenzen setzt. Selbst wenn 80km/h außerorts erlaubt sind, schafft man in kurviger oder bergiger Strecke oft nur 40-50km/h, teilweise auch unterbrochen durch schlechte Straßendecke, Hindernisse oder Tiere auf der Fahrbahn (im Gebirge).
Je weiter man sich von den relativ gut ausgebauten Hauptstrecken entfernt, desto spartanischer werden die Straßen. In der Provinz gibt es oft nur einen schmalen Fahrstreifen, der grade breit genug für ein Fahrzeug ist. Wenn Gegenverkehr kommt, heißt es abbremsen und am Randstreifen jonglieren - sofern dort nicht eine steile Böschung oder herrausragende Felskanten sind. In ganz schwierigen Gegenden gibt es daher alle paar 100 Meter kleine Ausweichbuchten, denn es kann durchaus auch mal ein Reisebus hinter einer engen Kurve plötzlich entgegenkommen! Mancherorts zeugen heftige kurze Bremsspuren davon, dass diese Manöver nicht immer glücklich verlaufen…
Alles in allem ist die Lage aber halb so dramatisch - wenn man sich erst einmal an das langsame Tempo gewöhnt hat, ist es ein wahrer Genuß, auf Norwegens Straßen unterwegs zu sein - vorausgesetzt, man hat kein zeitliches Ziel, das man unbedingt erreichen muss (z.B. eine letzte Fähre oder ausgebuchte Unterkunft). Manchmal kann es vorkommen, dass die Straße nach einem langen Tunnel (6-10km sind im Fjordland keine Seltenheit; der längste Straßentunnel der Welt bei Laerdal zählt 24km) einfach an einem Fähranleger am Wasser endet und man sich dort in die Warteschlange bis zur nächsten Fähre einreihen muss. Daher ist es uns schon vorgekommen, dass wir in einer Tagesetappe(!) nur 120km zurückgelegt haben und dann eine spontane Zwischenübernachtung in einem nächstgelegenen Ort am Weg eingelegt haben. Dies ist aber eher die Ausnahme und inzwischen planen wir unsere Etappen etwas bedächtiger.
Die Fortbewegung im Auto durch Norwegens Landschaften hat auf der anderen Seite den unschlagbaren Vorteil, dass man fast jederzeit an der Strecke halten und die Fahrt unterbrechen kann. Hier mal ein spektakulärer Wasserfall oder eine tolle Aussicht. Dort mal ein kurzes Fotoshooting am Wegesrand oder eine Besichtigung eines sehenswerten Ortes. Bei gutem Wetter auch einfach mal eine Wanderung in die Umgebung, wenn es sich lohnt.